geldschöpfung & geldreform

Die Bereitstellung von Geld/Geldschöpfung war historisch meist ein Privileg des “Souveräns”, das später Notenbanken/Zentralbanken übertragen wurde. Mittlerweile wurde diese Aufgabe weitgehend an das Bankensystem abgetreten – mit teils fatalen Folgen.

Denn die Banken handeln eigeninteressiert und damit auch prozyklisch – d.h. expansiv im Konjunkturaufschwung und kontraktiv, wenn es abwärts geht. Damit fördern sie einerseits die Entstehung spekulativer “Blasen” und vertiefen andererseits Rezessionen.

Dass die Wirtschaft mit einer anderen Geldordnung vielleicht besser funktionieren könnte (im Sinne der Allgemeinheit), lässt sich aber erst nachvollziehen, wenn man das aktuelle System begreift – die Geldschöpfung durch die Banken sowie die damit verbundenen Risiken. Das sollen meine vier Texte von ersparnisse und investitionen bis zweischneidiges schwert ermöglichen (verfasst 2004/5).

Im abschließenden fünften Text, bubble trouble, attestierte ich insbesondere der US-Wirtschaft, sich in eine “Blasenökonomie” verwandelt zu haben, und warne vor den schwerwiegenden Folgen des Platzens der “Blasen”. Dort gibt es direkte Links zu meinen diesbezüglichen Kommentaren, die sich auch unter dem Schlagwort Finanzkrisen finden lassen; Inhalte zum Thema Geldreform kann man unter dem Schlagwort Geldreform anzeigen lassen.

In dieser Textreihe gehe ich von einem weitverbreiteten Irrtum über den Zusammenhang von Ersparnissen und Investitionen aus, um das für das Wirtschaftswachstum grundlegende Phänomen der Geldschöpfung und die damit verbundenen Probleme darzustellen.

Dieser Irrtum oder Trugschluss ist alles andere als eine Nebensache. Der gesamte Wirtschaftsprozess wird damit auf den Kopf gestellt: Nicht Investitionen werden als Wirtschaftsmotor verstanden, sondern das Sparen! Es wird der Eindruck erweckt, das rein monetäre Phänomen des Sparens sei identisch mit einer Realinvestition, d.h. dem Ersatz oder der Neuschaffung von Produktionsmitteln oder Infrastruktur (m.E. sind übrigens auch Wissen/Know-how als Produktionsfaktoren zu verstehen).

What is money? Etwas weiter in die Geldgeschichte zurück bringt uns ein Projekt eines britischen Künstlers, das ich unter kunstprojekt: was ist geld? kurz präsentiere. Nämlich in die Zeit, als “Papiergeld” noch als Forderung auf ein seinem Wert zugrundeliegendes Edelmetall/Gold verstanden wurde. Diese Vorstellung hat sich nämlich auf britischen Banknoten erhalten, auf denen weiterhin “I promise to pay the bearer … pounds on demand” zu lesen ist. Der Künstler, Simon Goldin, wandte sich an die Bank of England, um seine 10-Pfund-Note gegen die versprochenen zehn Pfund einzutauschen, woraus sich ein amüsanter Briefwechsel entwickelte.

Vollgeld-Reform

Eine Möglichkeit, kostspielige Krisen infolge einer überschießenden Geldschöpfung durch das Bankensystem zu vermeiden, ist im Prinzip naheliegend: Man entzieht den Geschäftsbanken die Fähigkeit zur Geldschöpfung einfach und überantwortet das Privileg den Zentralbanken, wobei aber deren Unabhängigkeit im Sinne einer Gewaltenteilung gewahrt bleiben muss – als “Monetative” (neben Legislative, Exekutive und Judikative).

Dieser Reparaturvorschlag für unser Geldsystem, ursprünglich propagiert von Joseph Huber, ist im deutschen Sprachraum als “Vollgeld-Reform” bekannt. Die Bezeichnung stammt von einer Auswirkung der Reform.

Heute sind unsere Einlagen auf der Bank kein “Geld”, das man bei Bedarf einfach wieder “abheben” kann, als ob man es bloß unter der Matratze versteckt hätte. Das Geld der Banken, das sogenannte “Giralgeld”, ist nur eine Forderung auf ein solches Geld bzw. eine Verbindlichkeit der Bank uns gegenüber. Kracht die Bank, kann das “Geld” weg sein, daher die (allerdings auf einen bestimmten Betrag beschränkte) gesetzliche Einlagensicherung. Nach der Reform gäbe es dieses “Giralgeld” nicht mehr, und was wir der Bank überantworten, sofern wir das tun, bliebe wirklich “Geld” im üblichen Sinne – daher der Name “Vollgeld”.

Diese Idee habe ich 2003 im Südwind-Magazin vorgestellt (siehe unten) – das Konzept war damals noch weit unbekannter (und unverstandener) als heute. Ausführliche Informationen zum Vollgeld-Konzept siehe die Links im Kasten.

Thema Geld/Geldreform im Südwind-Magazin

Im Rahmen des Themas “Geldreform” im Südwind-Magazin (Oktober 2003) habe ich mich u.a. mit den Ideen der in der linken Szene teilweise verpönten “Freiwirtschaft” (Der Kampf gegen den Zins) und dem Vorschlag eines “Vollgeldes” von Joseph Huber (Wider die Ohnmacht der Zentralbanken) auseinandergesetzt.

Taxos. Zu diesem Thema steuerte Ernst Dorfner, dem ich für ganz zentrale “Aha-Erlebnisse” zu Dank verpflichtet bin, den Artikel Ausweg aus der Finanzierungsfalle bei. Darin präsentierte er die Idee der so genannten Taxos – vom Staat ausgegebener, übertragbarer Steuergutschriften, die im Sinne des Erfinders vorerst mithelfen sollen, die staatlichen Finanznöte zu mildern.

Der Staat könnte damit Aufträge zur Erbringung von Leistungen erteilen bzw. vorfinanzieren, ohne sich bei einer Bank oder auf Anleihenmärkten verschulden oder auf den Eingang von Steuerzahlungen warten zu müssen. Diese Taxos würden, sobald sie von Steuerpflichtigen zur Gegenrechnung mit ihrer Steuerschuld vorgelegt werden, wieder vernichtet werden. Taxos stellen also eine Möglichkeit dar, die Gesamtnachfrage zum Zeitpunkt X durch Vorziehung zukünftiger Einnahmen zu erhöhen. [Aufgrund jüngster Korrespondenz mit Ernst Dorfner habe ich nun aber den Eindruck, dass der beabsichtigte Wirkungszusammenhang indirekter zu sein scheint. (30.11.2005)]

Näheres zur Taxos-Idee gibt es unter www.taxos.info. Ich hege allerdings einige Bedenken, was die praktische Umsetzbarkeit der Idee betrifft. Einige Überlegungen dazu habe ich unter Taxos: Eine skeptische Betrachtung veröffentlicht.

Nach dem Kommentar von Ernst Dorfner entwickelte sich eine Diskussion zum Thema, deren Ergebnisse hier zu lesen sind: Taxos: Skepsis angebracht oder nicht?.