Kampf gegen Terror: Teufel gegen Beelzebub

[April 2002]

Unter den Top-15 der “Liberty Killers” belegen westliche Länder Platz 1 bis 5.

Wenn die weltweite Anti-Terror-Koalition die Unmoral der Attentäter vom 11. September – die Ideologie vom Zweck, der die Mittel heiligt – nicht entschlossen zurückweise, wenn die internationalen Menschenrechtskonventionen und das humanitäre Völkerrecht nicht Leitprinzip aller Anti-Terror-Maßnahmen bleibe, dann werde der Kampf gegen Terroristen wahrscheinlich am Ende die Logik des Terrorismus fördern, warnt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in ihrem Jahresbericht 2002. Die Regierungen der Welt stünden bei ihrem Kampf gegen Al Qaida vor einer grundlegenden Alternative: Sie müssten entscheiden, ob dieser Kampf eine Gelegenheit liefere, Menschenrechtsprinzipien zu bekräftigen oder einen neuen Grund, sie zu ignorieren.

Letzteres scheint der Fall zu sein. Ende Januar 2002 legten “Reporter ohne Grenzen”, die Internationale Liga für Menschenrechte und Human Rights Watch einen Bericht über jene 15 Staaten vor, die seit dem 11. September 2001 die schwerwiegendsten Einschränkungen von Bürgerrechten und Grundfreiheiten vorgenommen haben. An der Spitze der Liste: Die USA, gefolgt von Großbritannien, Kanada, Frankreich und Deutschland; China kommt als erstes nicht-westliche Land auf Platz 6; die Europäische Union mit ihren gemeinschaftsweiten Maßnahmen (siehe Artikel) wurde auf Platz 9 gereiht.

Die nachstehenden Informationen sind als kursorischer Überblick gedacht. Näheres zum Bericht gibt es im Internet unter folgendem Link:
www.reporter-ohne-grenzen.de (Archiv).

USA: Verstöße gegen die Rechte der Gefangenen und die Unschuldsvermutung, Ermächtigung zum Abhören von Gesprächen zwischen AnwältInnen und ihren MandantInnen, Einführung von speziellen Militärgerichten für AusländerInnen, Ermächtigung der CIA zur Ermordung ausländischer PolitikerInnen, zensurähnliche Maßnahmen gegen die Pressefreiheit, Wiedereinführung von “Anscheinsdelikten”, freie Hand für Bundesbehörden zur Überwachung der elektronischen Kommunikation im Internet.

Großbritannien: Verstoß gegen Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention – als einziges Land in Europa: Das neue Anti-Terror-Gesetz ermöglicht eine länger dauernde Inhaftierung von AusländerInnen ohne richterliche Anordnung und erweitert die Befugnisse der Polizei zur Überwachung des Internet, von E-Mails und zum Abhören von Telefongesprächen.

Kanada: Das neue Anti-Terror-Gesetz ermöglicht eine dreitägige präventive Inhaftierung bei bloßem Verdacht einer Beteiligung an terroristischen Straftaten und garantiert den Sicherheitsbehörden Straffreiheit bei der Überwachung des Internet; Zensur/Pressefreiheit: strafrechtliche Verfolgung der Weitergabe “spezieller operativer Informationen”, Beseitigung der Vertraulichkeit ausländischer Informationsquellen; in Vorbereitung: Handlungsvollmachten für MinisterInnen ohne parlamentarische Kontrolle.

Frankreich: Neues “Gesetz über die Sicherheit im Alltag” ermöglicht anonyme Anzeigen, Fahrzeug- und Hausdurchsuchungen ohne richterliche Genehmigung auch in Abwesenheit des/der Betroffenen, Polizeibefugnisse für private Sicherheitsdienste; Aufbewahrung von Kommunikationsprotokollen bei Internetprovidern bis zu einem Jahr.

Deutschland: Neues Anti-Terror-Gesetz hebt Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten auf; der Verfassungsschutz erhält vergleichbare Befugnisse wie die Polizei; Verdacht einer “Gefährdung der demokratischen und liberalen Grundordnung” kann zur Abschiebung führen; neue Rechte auf Zugriff auf gespeicherte Telekommunikationsdaten und die Daten von Verwaltungsbehörden und Banken.

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