Kohle: Problem und Notlösung

[Mai 2006]

Das Problem …

Siehe auch die Inhalte unter energie

Kohle und Treibhauseffekt: Was ist schon Öl
Werden wie nach Szenarios der Internationalen Energieagentur (IEA) zwischen 2002 und 2030 neue Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 1.400 Gigawatt errichtet, könnten diese Kraftwerke über einen Zeitraum von 50 Jahren schätzungsweise 130 Mrd. Tonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre abgeben.
Das entspricht ca. 18 Jahren der weltweiten CO2-Emissionen von 2004 aus dem Energieverbrauch oder 40% der kumulierten CO2-Emissionen seit 1700.

Umwelt- und Gesundheitskosten konventioneller Kohlekraftwerke
Neben dem an sich ungiftigen CO2 emittieren Kohlekraftwerke u.a. auch Schwefel- und Stickoxide, Feinstaub und Quecksilber. Die externen – d.h. auf die Allgemeinheit überwälzten – Kosten von Kohlekraftwerken (Stein- und Braunkohle) in der EU betragen laut einer Studie der EU-Kommission (NewExt Methodology, 2004) je nach Kraftwerk zwischen 2,5 und 6,3 Eurocent pro Kilowattstunde (kWh). Eine Integration dieser Kosten würde Strom aus Kohlekraftwerken um bis zu 100% verteuern. Dabei wurden auch Kosten der Kohleförderung berücksichtigt; die Kosten der CO2-Emissionen werden mit einem Pauschalbetrag von 19 Euro pro Tonne einberechnet. In China, schätzt das UN-Umweltprogramm (UNEP), belaufen sich die Kosten der großteils durch Kohle verursachten Luftverschmutzung auf derzeit 7% des Bruttoinlandsprodukts.

… und die Notlösung (CO2-Abscheidung)

“Saubere” Kohletechnologien: Vergasen statt verbrennen
In herkömmlichen Kohlekraftwerken wird fein gemahlene Kohle verbrannt (“Staubfeuerung”) und per Dampfturbine Elektrizität erzeugt. Dieser Kraftwerkstyp repräsentiert heute ca. 90% der weltweit installierten Kapazität. Bei der Kohlevergasung wird Kohle dagegen zuerst in ein vor allem aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff bestehendes “Synthesegas” umgewandelt, das dann zur Energiegewinnung verbrannt oder zur Herstellung verschiedenster Kohlenwasserstoffe verwendet werden kann.

Die Herstellung flüssiger Brennstoffe mittels Kohlevergasung ist bei aktuellen Ölpreisen bereits wirtschaftlich; ebensolches gilt für direkte Verflüssigungsverfahren ohne Vergasung.

IGCC-Kraftwerke

Siehe ua. IGCC: Next Step on the Path to Gasification-Based Energy from Coal (pdf, 1,27Mb) (Robert H. Williams, Princeton Environmental Institute, Princeton University, November 2004).

Das Kohlekraftwerk der Zukunft ist nach Einschätzung der Fachwelt ein Kraftwerk vom Typ IGCC (Integrated Gasification Combined Cycle – Kombikraftwerk mit integrierter Kohlevergasung). Dieser Typ bietet die derzeit günstigste Variante sowohl für eine Nachrüstung mit einer CO2-Abscheidung als auch für die Verringerung sämtlicher Luftschadstoffe auf ein Minimum. Bei Schwefeldioxid, Stickoxiden und Feinstaub verursacht ein IGCC-Kraftwerk ca. 50mal geringere externe Kosten als ein durchschnittliches US-Kohlekraftwerk von 1997. Neben der Option einer Mitverfeuerung von Biomasse und anderen festen Brennstoffen könnte ein IGCC-Kraftwerk auch zur Wasserstoffproduktion genutzt werden.

Die IGCC-Technik wird seit den 1980er Jahren in der Öl- und Chemieindustrie eingesetzt. Im Energiesektor existieren dagegen vorwiegend Referenzprojekte und Demonstrationskraftwerke, was sich aber in den nächsten Jahren ändern dürfte.

Referenzwerte
ohne CO2-Abscheidung mit CO2-Abscheidung
Wirkungsgrad g CO2
/kWh
Wirkungsgrad g CO2
/kWh
Steinkohlekraftwerk
45%
762
35%
100
Braunkohlekraftwerk
42%
933
30%
115
IGCC-Kraftwerk
49%
700
41%
98
Gaskraftwerk
54%
349
45%
41
Quelle: Dr.-Ing. Peter Radgen, Fraunhofer, 2005
Zum Vergleich: Der Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken in China wird derzeit auf 30% bis 35% geschätzt.

CO2-Abscheidung und Wirkungsgrad
Eine Nachrüstung existierender Kraftwerke zur Abscheidung des CO2 aus dem Rauchgas ist die schlechteste Variante, da sie den Wirkungsgrad zu stark verringert. Eine CO2-Abscheidung sollte daher bei Kraftwerksneubauten von vornherein berücksichtigt werden.

Wirtschaftlichkeit von IGCC-Kraftwerken

Unter Anwendung des aktuellen CO2-Preises von 28 € pro Tonne wäre ein IGCC-Kraftwerk mit CO2-Sequestrierung bereits günstiger als ein aktuelles konventionelles Kohlekraftwerk (2002) und auch gegenüber zukünftigen Kraftwerkstypen konkurrenzfähig.

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