Biokraftstoffe: Potenzial mit Fragezeichen

[Mai 2007]

Das Risiko einer Neutralisierung oder Überkompensation von Treibhausgas-Reduktionen durch Biokraftstoffe ist hoch und auch mittels Zertifizierung nicht zu beseitigen.

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Berechnungen der Reduktion von Treibhausgasemissionen (THG) durch Biokraftstoffe berücksichtigen in der Regel keine Effekte aus der Landnutzungsänderung, etwa ihrer Produktion auf früheren Viehweiden oder im schlimmsten Fall auf Kosten tropischer Wälder. Außerdem werden indirekte Effekte wie eine Verdrängung anderer Anbauflächen nicht erfasst.

Dieses Problem wäre insbesondere im Fall Brasiliens zu lösen. Dort würde eine Ausweitung des Zuckerrohranbaus zwar nicht im Amazonasgebiet erfolgen, da diese Böden sich nicht dafür eignen. Ersetzen aber Zuckerrohrflächen frühere Viehweiden oder steigen die Sojapreise aufgrund der Biodieselproduktion, könnten sich Sojaproduktion und Viehweiden auf Kosten des Regenwalds ausdehnen.


Ausbreitung von Sojapflanzungen im Osten Boliviens aus Sicht der Internationalen Raumstation ISS (2001).

Ein Großteil der Entwaldung in Brasilien wird auf Soja und Viehzucht zurückgeführt; in einer Studie der National Academy of Science der USA (September 2006) wurde sogar ein unmittelbarer Zusammenhang der Zerstörung des Amazonas-Regenwalds mit den Sojapreisen festgestellt.

Die Niederländische Agentur für nachhaltige Entwicklung und Innovation hatte die Universität Utrecht damit beauftragt, die Ethanolproduktion im brasilianischen Bundesstaat São Paulo auf die Einhaltung niederländischer Nachhaltigkeitskriterien zu prüfen. Die im Vorjahr veröffentlichte Studie kam zu einem grundsätzlich positiven Urteil, merkte aber an, dass die Produktionskosten durch eine Einhaltung der Kriterien um bis zu 56% steigen könnten. Die AutorInnen der Studie mussten aber hinsichtlich der Bewertung indirekter Effekte wie einer Abdrängung von Sojaflächen in Amazonas-Regionen das Handtuch werfen, obwohl sie diese Frage für wichtig hielten.

 Vermiedene Emissionen (2006-2030) 1710-4406 Mio. Tonnen
 Zusätzl. Flächenbedarf 30-60 Mio. Hektar
 Emissionen durch Entwaldung, 1 Mio. Hektar    Regenwald/Amazonas (UNEP) 400-700 Mio. Tonnen

Die in der Tabelle dargestellte Überschlagsrechnung auf Basis des Alternativszenarios der Internationalen Energieagentur für 2030 zeigt, wie sich solche Effekte in Zusammenhang mit der THG-Reduktion von Biokraftstoffen auswirken können. Die IEA nimmt eine Verzehnfachung des weltweiten Biokraftstoffverbrauchs zwischen 2004 und 2030 und eine entsprechende Ausweitung der Anbauflächen um 30 bis 60 Millionen Hektar an. Im schlimmsten Fall könnte die gesamte akkumulierte THG-Reduktion zunichte gemacht werden, wenn diese Ausweitung direkt oder indirekt zu einem Verlust von 2,5 Mio. Hektar Amazonaswald führt.

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