Peak oil: Jetzt handeln, um dramatische Kosten zu vermeiden

Ein Bericht an das US-Energieministerium warnt vor dramatischen wirtschaftlichen Folgen, wenn die Politik nicht mit einer Vorlaufzeit von 10-20 Jahren auf Peak oil reagiert. Da die Autoren als wahrscheinlichen Peak-oil-Zeitpunkt 2016 oder früher annehmen, hieße das JETZT.

Keine Woche vergeht, ohne dass nicht in Zusammenhang mit den relativ hohen Ölpreisen auf eine immer geringere Lücke zwischen Angebot und Nachfrage verwiesen wird. Die überschüssige Förderkapazität der OPEC etwa wird in der Regel auf höchstens 1 Mio. Barrel/Tag (bpd) geschätzt – bei einer Gesamtnachfrage von mehr als 80 Mio. bpd.

Umso mehr Aufmerksamkeit verdient ein Bericht an das National Energy Technology Laboratory des US-Energieministeriums, der sich mit den Auswirkungen eines historischen Fördermaximums bei konventionellem Öl (siehe auch meine kurze Einführung die peak oil diskussion) und möglichen Abfederungsmaßnahmen befasst (“PEAKING OF WORLD OIL PRODUCTION: IMPACTS, MITIGATION, & RISK MANAGEMENT”, Februar 2005; Autoren: Robert L. Hirsch, SAIC, Project Leader; Roger Bezdek, MISI; Robert Wendling, MISI). Der Bericht ist mittlerweile in voller Länge in die Öffentlichkeit gelangt – ob mit oder ohne Zustimmung der Autoren bzw. der Auftraggeber, konnte ich nicht recherchieren. Eine mögliche Download-Adresse (pdf, 1,2Mb): www.hilltoplancers.org/stories/hirsch0502.pdf (ohne Gewähr).
Auf www.peakoil.net wurde eine kurze Zusammenfassung des Berichts veröffentlicht.

Aufgrund seiner Abhängigkeit von flüssigen Brennstoffen wäre natürlich der Sektor Transport und Verkehr am stärksten betroffen. Es würde ca. 2.300 Milliarden US-Dollar kosten und 10-15 Jahre dauern, bloß die Hälfte der mehr als 200 Millionen PKWs und Lieferwagen (Vans, Pick-ups, SUVs) in den USA durch energieeffiziente Modelle zu ersetzen, heißt es in dem Bericht. Ähnliche Vorlaufzeiten und Kosten ergeben sich laut den Autoren weltweit. Ob die Weltwirtschaft eine sinkende Ölförderung ohne Kollaps überlebt, hängt daher entscheidend davon ab, dass Gegenmaßnahmen rechtzeitig getroffen werden.

Die Autoren beschreiben drei mögliche Szenarios:

  • Wird ein drastisches Umstellungsprogramm erst in die Wege geleitet, wenn der Förderhöhepunkt erreicht ist, wird für mehr als zwei Jahrzehnte weltweit ein erheblicher Mangel an flüssigen Brennstoffen bestehen.
  • Werden bereits zehn Jahre vor dem Peak geeignete Abfederungsmaßnahmen ergriffen, ergibt sich eine deutliche Entschärfung der Situation. Trotzdem wäre damit zu rechnen, dass etwa zehn Jahre nach dem Peak eine weltweite Mangelsituation eintritt.
  • Beginnt man bereits 20 Jahre vor dem Peak mit der Realisierung eines geeigneten Umstellungsprogramms, scheint es möglich zu sein, eine weltweite Verknappung zu vermeiden.
    Zitate aus dem Bericht

    “Die Welt war noch nie mit einem derartigen Problem konfrontiert. (…) Frühere energetische Übergänge (von Holz zu Kohle und von Kohle zu Öl) waren graduell und evolutionär; Peak Oil wird abrupt und revolutionär sein.”

    “Beim Näherrücken des Fördermaximums wird es schwieriger werden, eine passende ausgleichende Budget-, Geld- und Energiepolitik zu konzipieren. Wirtschaftlich könnte das Jahrzehnt nach Erreichen des Fördermaximums den 1970er Jahren ähneln, nur schlimmer, mit einer dramatischen Zunahme der Inflation, langfristiger Rezession, hoher Arbeitslosigkeit und sinkenden Lebensstandards.”

    “Die wirtschaftlichen Verluste für die USA könnten sich im Bereich von Billionen Dollar bewegen.”
    (Übersetzung Robert Poth)

    Die Schlussfolgerung der Autoren: Wird auf politischer Ebene zu spät und zu zaghaft reagiert, wird das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage durch “massive demand destruction”, also einen massiven Rückgang der Nachfrage aufgrund nicht mehr leistbarer Preise erreicht werden.

    Im Bericht wird auch zu beantworten versucht, wann tatsächlich mit “Peak oil” zu rechnen ist. Dabei gehen die Autoren von 12 Szenarien aus, die im Jahr 2000 von der Internationalen Energieagentur (IEA) auf Basis der Reservenschätzungen des U.S. Geological Survey (USGS) erstellt wurden.

    Als wahrscheinlichstes Szenario bezeichen die Autoren eine förderbare Gesamtmenge konventionellen Öls von 3.003 Milliarden Barrel bei einer weltweiten Nachfragesteigerung von 2% pro Jahr. Dieses Szenario ergibt 2 mögliche Peaks, einen im Jahr 2016 und einen im Jahr 2037. Das erste Datum beruht auf einem langsamen Rückgang der Förderung (“Förderabfall”) von 2% jährlich, das zweite auf einem sehr steilen Förderabfall. Als wahrscheinlicher wird der erste Zeitpunkt bezeichnet. Hinzugefügt wird allerdings außerdem, dass die USGS-Reserveschätzungen weit höher sind als die anderer WissenschaftlerInnen. Je niedriger die Reserven also tatsächlich sind, desto früher müsste mit Peak Oil gerechnet werden.

    2016 minus mindestens 10 Jahre Vorlaufzeit ergibt 2006. Der Bericht kann eigentlich nur als dramatische Aufforderung an die US-Regierung und an alle Regierungen der Welt verstanden werden, SOFORT zu handeln.

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