der esel

ο γάιδαρος | δερ εζελ

Griechenland war früher eines meiner bevorzugten Urlaubsziele, und einmal blieb ich gleich ein halbes Jahr lang dort. (Kreta hatte es mir übrigens besonders angetan, und von dort stammen auch diese Fotos.) Ich musste natürlich arbeiten, um dort leben zu können.

“Schwarz”, keine Frage: dank der Landflucht gab’s auch einfach zu wenige junge Einheimische, um die alternden Bauern zu unterstützen. Die nach der Hauptsaison übrig gebliebenen und inzwischen geldlosen Langzeit-TouristInnen aus nördlicheren Gefilden nahmen ihren Platz bereitwillig ein. Das Lohnniveau war niedrig, ebenso aber auch die Lebenshaltungskosten: Mit bloß drei Tagen Arbeit konnte ich in Kreta die Monatsmiete für mein Haus bezahlen (zugegeben, Einheimische hätten dort nicht wohnen wollen, aber es war winterfest und mit offenem Kamin beheizbar). Am Peloponnes war das Verhältnis noch weit besser.

Der Olivenhain rechts am Hang war Teil meines Arbeitsgebiets
Einer meiner Jobs bestand darin, die Olivenhaine für die Ernte im kommenden Winter vorzubereiten, zusammen mit einer älteren, alleinstehenden Frau aus dem Dorf und einem alten Esel – in meiner Erinnerung ist das nach wie vor die angenehmste (bezahlte) Arbeit, die ich bisher hatte. In dieser Gegend werden die Oliven in der Regel nicht vom Baum geschüttelt oder gerecht, man wartet vielmehr darauf, bis sie herunterfallen; das fängt im Dezember an und dauert bis in den April.

Der Esel musste die schweren Rollen mit den Kunststoffnetzen tragen, die wir unter den Oliven anzubringen hatten. Einmal waren wir auf einem steilen und felsigen Steig hinunter zum Bach unterwegs, als der Esel plötzlich mit samt seiner Last seitwärts umfiel und beinahe den Hang hinunterrutschte. Die Sache sah ziemlich schlimm aus. Ich war mir fast sicher, dass er sich ein Bein gebrochen hatte; das wäre aller Wahrscheinlichkeit nach sein Todesurteil gewesen.

Mit einer Mischung aus Schuldgefühlen und Sorge – mein Arbeitgeber war nicht gerade großzügig (ein ausgemachter Geizhals, genau genommen), und ich befürchtete, für den Esel zahlen zu müssen – beeilte ich mich, ihm die Netze vom Rücken loszubinden. Kaum befreit, sprang er auf, rannte weg und blieb in einiger Entfernung unter einem Baum stehen, von wo er uns misstrauisch und vorwurfsvoll anstarrte. Ich war einigermaßen erleichtert: Ihm war bloß die Lust aufs Arbeiten vergangen. Wir beschlossen, ihm für diesen Tag “frei” zu geben; den “Packesel” spielte ich.