metamorphosen 1974-1981

Vier Fotos, die einen zumindest rudimentären Einblick in frühere Perioden gestattet und mich zum Erzählen inspirieren. Die ersten beiden, in Schwarz-Weiß, dokumentieren meine ersten bildlichen Auftritte in den Medien, im ersten Fall als ich selbst, im zweiten Fall als jemand anderer.

1974. Das erste Foto, Teil eines Artikels in der Grazer Südost-Tagespost, demonstriert, dass ich bereits im Alter von 15 Jahren ein Umweltaktivist war. Mittlerweile bin ich wieder so etwas Ähnliches, in Zusammenhang mit der Lobau (siehe beasts.at).

1977. Auf dem zweiten Foto, ich bin ganz rechts unten im Eck zu sehen, entstanden drei Jährchen später auf der Rampe der Hauptuniversität in Wien, war ich bereits (fälschlich) zum Unterstützer der “Bewegung 2. Juni” mutiert.

Siehe dazu ich, ein terrorist?, ein kurzer Text im Sinne einer “proaktiven Informationspolitik”: Es ist zwar sehr unwahrscheinlich, aber nicht auszuschlie&en, dass jemand das Foto dazu missbraucht, um mich als Sympathisant von “Terrorgruppen” darzustellen.

1978. Auf dem dritten Foto hat die Verwandlung das nächste Stadium erreicht: Es zeigt mich etwa eineinhalb Jahre später als eine Art Reservechristus in der Medina von Marrakesch. Die Ähnlichkeit wäre wohl noch größer, hätte ich nicht gerade an diesem Tag darauf verzichtet, meine schwarz-weiß-gestreifte Djellabah zu tragen. Diese hatte ich gleich nach der Einreise nach Marokko in einem fehlgeleiteten Versuch erworben, “sanften Tourismus” zu praktizieren. Ehrlich gesagt hatte ich mir eingebildet, in diesem Aufzug weniger aufzufallen.

Musikkostprobe aus Marokko

1983, fast fünf Jahre danach, erstand ich irgendwo im Süden Marokkos eine Audiokassette mit vier Nummern (jeweils 13-15 Minuten lang) offenbar berberischen Ursprungs – mehr darüber weiß ich bis heute nicht. Hier das ca. zwei Minuten lange Ende einer Nummer (mp3); fetzt ordentlich, finde ich.

1981. Wieder drei Jahre später entstand das vierte Foto. Immerhin ist inzwischen der Bart ab. Mit ein wenig Phantasie und Revolutionsromantik könnte ich hier beinahe einen Guerrillero in seinem Versteck in den Bergen abgeben, ein anti-imperialistisches Kampflied auf den Lippen. Es fehlt bloß die lässig umgehängte Kalaschnikow.

In dieser Deutung steckt insoweit ein Körnchen Wahrheit, als ich im Jahr davor zwei Monate als Revolutionstourist in Nicaragua verbrachte. Dabei hielt ich zum ersten und zum bisher letzten Mal in meinem Leben ein Schnellfeuergewehr in Händen – für ein paar Sekunden, während einer Milizschulung in einem u.a. von österreichischen Ärzten betreuten kleinen Krankenhaus am Rio Escondido.

Tatsächlich zeigt mich das Bild jedoch in meinem gemieteten Haus im Örtchen Vlithias, etwa sieben Kilometer von der kretischen Südküste entfernt (siehe Karte), wo ich mich als Landarbeiter/Erntehelfer betätigte – wahrscheinlich gegen Ende Oktober, als die ersten Regenstürme schon durch das Tal gefegt waren, enge Pfade sich in Sturzbäche verwandelt und Dach und Küchendecke als nicht ganz wasserdicht entpuppt hatten.

Diese Gegend war übrigens auch der Ort, an dem mein Versuch, fernab urbaner Zentren der geld-reichen Welt ein von ethischen Konflikten unbelastetes Leben mit Gleichgesinnten zu führen, gleich im ersten Anlauf scheiterte. Einige Illusionen verpufften damals, wenn auch nicht ohne angenehme Erinnerungen zu hinterlassen. Eine davon habe ich in der Geschichte der esel beschrieben.