Covid-19-Fallsterblichkeit in Österreich – offizielle Daten (Säulendiagramme)

Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) hat im Rahmen einer Beantwortung einer Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz Anfang September 2023 Daten zur Covid-19-Fallsterblichkeit in Österreich nach Altersgrupppen, Geschlecht und Epidemiephasen bereitgestellt – in Form von Säulendiagrammen.

Die im Anschluss an den Text dargestellten Grafiken stammen aus dem vom BMSGPK übermittelten PDF-Dokument, das auf der Website fragdenstaat.at abrufbar ist: Anhang „anfrage-poth-fallsterblichkeit.pdf“.

Die Vorgeschichte dieser Anfragebeantwortung ist lange; eine verkürzte Chronologie siehe hier: Covid-19-Fallsterblichkeit: BMSGPK entschuldigt sich für Auskunftsverweigerung.

Die medizinwissenschaftliche Relevanz dieser Daten ist eher gering, siehe dazu nachstehend. Von politischer Brisanz ist dagegen eine nach wie vor ungeklärte Frage: Welche Gründe haben die österreichischen Gesundheitsbehörden dazu bewogen, die Veröffentlichung dieser Fallsterblichkeits-Berechnungen Ende März/Anfang April 2021 einzustellen, also mitten in der Epidemie und wenige Monate nach Beginn der Impfkampagne?

Geringe Aussagekraft. Die Aussagekraft dieser Daten ist grundsätzlich beschränkt, in erster Linie aufgrund der Tatsache, dass auch in Österreich ab Beginn der Epidemie sämtliche Sterbefälle in diese Statistik einbezogen wurden, bei denen lediglich innerhalb von drei Wochen vor dem Todeszeitpunkt eine Infektion festgestellt wurde, unabhängig von der tatsächlichen Todesursache, was die bekannte Formulierung “gestorben mit oder an Covid-19” erzwang. Dass derart keine relevanten Erkenntnisse zur tatsächlichen Fallsterblichkeit, geschweige denn zur Gefährlichkeit der Virusvarianten überhaupt (u. a. “Wuhan-Variante”, Alpha, Delta, Omikron) gewonnen werden können, versteht sich von selbst (siehe Kasten Fallsterblichkeit vs. Infektionssterblichkeit).

Dazu kommt das Problem der teils sehr geringen absoluten Zahlen, die bei den nun übermittelten Säulendiagrammen zur Gänze fehlen. Etwa wird in Phase I (21.2.2020 bis 15.3.2020) in der Altersgruppe 85+ eine hohe Fallsterblichkeit von ca. 33 % unter Frauen ausgewiesen. Tatsächlich beruht diese Zahl auf nur zwei (!) registrierten Todesfällen, wie sich den bis Ende März/Anfang April 2021 von Ages veröffentlichten Daten entnehmen lässt.

Fallsterblichkeit vs. Infektionssterblichkeit
Die Fallsterblichkeit (Case Fatality Ratio, CFR) ist das Verhältnis der Zahl der tödlichen Verläufe einer Infektionskrankheit zur Zahl der offiziell registrierten Infektionsfälle. Diese CFR lässt sich auf Basis der vorliegenden österreichischen Daten aber nicht ermitteln, ebensowenig die Infektionssterblichkeit (Infection Fatality Rate, IFR). Diese entspricht dem Anteil tödlicher Verläufe an allen “Infektionen”. Sie ist daher stets niedriger als die CFR, und sie beruht auf Schätzungen der tatsächlichen Verbreitung einer Infektion in der Bevölkerung. Eine IFR ist daher nur so gut oder aussagekräftig wie die Methoden, die zur Abschätzung des “Infektionsgeschehens” verwendet werden.

Das “Gestorben-an-und-mit”-Problem erstreckte sich übrigens auch auf die Hospitalisierungszahlen: Hier wurden ebenfalls alle Patientinnen und Patienten mitgezählt, die wegen einer nachgewiesenen Infektion notgedrungen auf Covid-Stationen untergebracht werden mussten, unabhängig vom tatsächlichen Grund des Krankenhausaufenthalts oder der Behandungsbedürftigkeit ihrer Covid-19-Erkrankung, sofern eine solche überhaupt gegeben war.

Falsche Berichterstattung des ORF. Beides hat übrigens den ORF nicht davon abgehalten, über diese Zahlen regelmäßig falsch zu berichten: Es hieß stets “verstarben an den Folgen des Coronavirus” bzw. “befinden sich aufgrund des Coronavirus in Spitalsbehandlung”. (Siehe dazu u. a. Covid-19: Der ORF interpretiert offizielle Zahlen falsch.) Meine Versuche, den ORF zur Korrektur dieser falschen Berichterstattung zu bewegen, blieben erfolglos.

Was sich aus den Daten (nicht) ableiten lässt.

Ungeachtet dieser grundsätzlichen Mängel zeigen die Säulendiagramme zur Covid-19-Fallsterblichkeit m. E. unbestreitbar Folgendes:
1. SARS-CoV-2 war im Wesentlichen nur für ältere Bevölkerungsgruppen lebensgefährlich (65+)
2. Die Fallsterblichkeit bei den hauptbetroffenen Altersgruppen sinkt im Verlauf der Epidemie und reduziert sich besonders drastisch mit der Dominanz der Omikron-Varianten ab Ende Dezember 2021.
3. Die “Corona-Epidemie” als relevantes Problem für das Gesundheitssystem ging faktisch mit der Durchsetzung der Omikron-Varianten zu Ende.

Wirksamkeit der Impfkampagne: Nur wenig Stichhaltiges. Indizien für eine Auswirkung der Immunisierungskampagnen mit den diversen bedingt zugelassenen Impfstoffen auf die Covid-19-Fallsterblichkeit (im Unterschied zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit schwerer Verläufe einer Covid-19-Erkrankung) wären im Wesentlichen nur anhand eines Vergleichs der Epidemiephasen IV, V und VI (siehe Grafiken unten) auszumachen, und nur anhand der Fallsterblichkeit der hauptbetroffenen und großteils “durchgeimpften” ältesten Altersgruppen. Aufgrund der sehr geringen Sterblichkeit außerhalb dieser Risikogruppe waren bei jüngeren Betroffenen von vornherein keine signifikanten Effekte zu erwarten.

Tatsächlich sinkt die (falsch ermittelte, wie erwähnt) Fallsterblichkeit in den ältesten Altersgruppen von Phase IV bis Phase VI (1.9.2020 bis 31.12.2021) insgesamt deutlich, was als Bestätigung der Wirksamkeit der Impfkampagne (Verhinderung von Todesfällen) interpretiert werden könnte. Es traten dabei aber teils deutliche altersgruppen- und sogar geschlechtsspezifische (!) Unterschiede auf, die erst zu erklären wären. Vor allem aber ist bereits von Phase III (bis Ende August 2020) auf Phase IV ein merklicher Rückgang der Fallsterblichkeit bei den ältesten Alterskohorten zu erkennen, der nichts mit der Impfkampagne zu tun haben kann, denn diese begann erst Ende Dezember 2020, als die herbstliche Infektionswelle bereits lange “durchgelaufen” war (Höhepunkt Mitte November 2020).

Alternative Erklärungen für den verzeichneten Rückgang der Fallsterblichkeit sind jedenfalls nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Dazu gehören etwa Faktoren wie die Jahreszeit (geringere Morbidität älterer Menschen in der wärmeren Jahreshälfte), Fortschritte bei den Behandlungsmethoden, etwa auf den Intensivstationen, und nicht zuletzt eine abnehmende Gefährlichkeit des Krankheitserregers selbst: Bereits kurz nach Beginn der Phase VI wurde die Delta-Variante dominant, und der durchschlagende Effekt der weit harmloseren Omikron-Variante ab Anfang 2022 ist unbestreitbar.

Dennoch ist festzuhalten, dass die vorliegenden Daten an sich mit einem Teilerfolg der Impfkampagne in puncto Fallsterblichkeit vereinbar sind. Dieser mögliche positive Effekt wäre aber anhand einer Untersuchung der Entwicklung der Gesamtmortalität (Sterblichkeit unabhängig von der Ursache) in den verschiedenen Alterskohorten in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfkampagne zu überprüfen. Steigt etwa die Gesamtmortalität in bestimmten Altersgruppen, während die Fallsterblichkeit an Covid-19 im gleichen Zeitraum sinkt, wäre es geboten, nach den Gründen für diese erhöhte Gesamtsterblichkeit zu suchen. Für eine solche gibt es zwei naheliegende Kandidaten: erstens das nach wie vor umstrittene Ausmaß der nachweislich teils fatalen und langfristigen “Nebenwirkungen” der diversen Impfstoffe und zweitens Auswirkungen der “Lockdowns” und der Angst vor Ansteckung auf die Bereitstellung bzw. auf die Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems sowie auf die Qualität der Leistungen im Pflegesektor.

Fallsterblichkeit, gesamter Zeitraum (21.2.2020 bis 9.6.2023)
Entgegen der Überschrift stellt die Grafik die Fallsterblichkeit (gestorben mit oder an Covid-19) für ganz Österreich dar.

Fallsterblichkeit, Epidemiephasen 1 bis 4

Fallsterblichkeit, Epidemiephasen 5-8

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