Taxos: Skepsis angebracht oder nicht?

Nachfolgend eine Zusammenfassung der durch meinen skeptischen Taxos-Beitrag ausgelösten Diskussion mit Ernst Dorfner (siehe Taxos: Eine skeptische Betrachtung).

Ich habe diese Übersicht als eigenen Beitrag publiziert, da die gewählte Formatierung im Kommentarfeld leider nicht ausgeführt wird. Wie ersichtlich, gibt es sowohl Übereinstimmungen und Diskrepanzen als auch weiterhin ungeklärte Fragen – es handelt sich um ein vorläufiges Ergebnis.
Mehr Texte von Ernst Dorfner zum Thema Geld und Geldreform gibt es übrigens unter Texte der Woche auf der Website der Mailingliste Newmoney.

Meine ursprünglichen Annahmen Erläuterungen bzw. Antworten von Ernst Dorfner
Anspruch: Welches Problem sollen die Taxos lösen?
Der Staat kann mit Taxos seine aktuelle Finanzkrise zumindest mildern, analog dazu aber auch zukünftige, etwa im Szenario einer Depression. Es geht nicht nur um Zeiten der Depression, sondern immer mehr – und nicht nur aktuell – um ein Verfestigen des “Kaufen um teuerer zu verkaufen” am Finanzmarkt (G-G’) anstatt am Warenmarkt (G-W-G’), wo auch Arbeit benötigt wird. Im diesem Spiel, aus Geld mehr Geld zu machen, ohne Umwege über den Waren- und Arbeitsmarkt, kann der Staat mitspielen, indem er daran über Steuern partizipiert, oder aussteigen, um auf eigenen Beinen und mit eigenen Spielregeln den vernachlässigten Warenmarkt – und damit Arbeitsmarkt – zu aktivieren.
Die aktuelle Finanzkrise ist durch geringes Wirtschaftswachstum und entsprechend geringfügig wachsende Steuereinnahmen gekennzeichnet; trotz Neuverschuldung kann der Staat keine ausreichende zusätzliche Nachfrage schaffen, um das Wachstum nachhaltig zu erhöhen. Eine höhere Neuverschuldung erscheint wegen der zukünftigen Zinslasten etc. nicht angeraten. Viele Unternehmen sind derzeit in einer finanziellen Notlage, weil es nicht nur an privatem Konsum mangelt, sondern vor allem an öffentlichem Konsum an kurz- bis langfristig genutzten Gütern. Folglich sollen die Steuergutschriften vor allem zur Schaffung von zusätzlicher Nachfrage durch den Staat verwendet werden. Im weiteren wird aber die Taxos-Nachfrage immer eine Komplementär-Nachfrage sein, die bemüht ist, das von der Gesamtheit der Unternehmen jeweils nicht genutzte Arbeitskräftepotential so einzusetzen, dass eine übermäßige Inflation durch die Gesamtnachfrage vermieden wird. Jedenfalls soll kein drängender Wettbewerb um Arbeitskräfte zwischen Staat und Wirtschaft entstehen.
Die Verwendung von Taxos ist in beiden obigen Szenarien (aktuelle Situation und Depression) vorteilhafter als herkömmliche legale oder denkbare Mittel (Schuldenaufnahme, Notenpresse bzw. Zentralbankkredit, Inflation etc.) Die Verwendung von Taxos ist vorteilhafter, weil damit eine Regionalisierung der von staatlicher Seite direkt oder indirekt geschaffenen Nachfrage erreicht wird. Nur so kann einigermaßen sichergestellt werden, dass die Nachfrage grosso modo auch die erreicht, die auch die Steuern zu zahlen haben. Insbesondere ist diese Regionalisierung in der Start-up-Phase von Wichtigkeit, damit sich diese Nachfrage nicht “verläuft”.
Ernst Dorfner geht offenbar davon aus, dass mit Taxos etwas anderes nachgefragt wird bzw. werden kann als mit Geld (“Regionalisierung”). Diese Frage wäre noch zu klären, ist aber eigentlich nicht Gegenstand meines ursprünglichen Textes.
Theorie: Vorteile der Taxos aus Sicht des Staates
Der Staat kann mehr Geld ausgeben als er zur Verfügung hat, indem er analog zu einer Schuldenaufnahme auf zukünftige Steuereinnahmen vorgreift (“Liquiditätsvorteil”) Auch wenn die Taxos rasch wieder über Steuern abgeschöpft werden, wird so wie mit Keynes’schen “Deficit spending” zusätzliche Nachfrage geschaffen. Schuldenabbau bzw. Gewinnerzielung der Unternehmen wird damit gegenüber einer Null-Defizit-Politik verbessert, liegt aber unter dem Alimentationsniveau eines gleich hohes “Deficit spending” .
Hauptvorteil: Dieser Vorgriff erfolgt jedoch ohne Verschuldung und daher ohne die dabei ansonsten anfallenden Zinskosten (“Zinsvorteil”) Ja. Siehe dazu nächsten Punkt unten. Der Zinsvorteil ist zu beachten.
Praxis: Keine Vorteile aus Sicht des Staates
Bei sofortiger Saldierung von Taxos mit fälligen Steuerverbindlichkeiten verschwindet sowohl der Liquiditätsvorteil wie auch der Zinsvorteil. Ja. Allerdings ist darauf Bedacht zu nehmen, welcher Zeitraum unter “sofort” verstanden wird. Mit Taxos kann jedenfalls jener zeitliche Spielraum kostenlos (s. Zinsvorteil) gewonnen werden, der zur technischen Abwicklung erforderlich ist. Es wird ja eher so sein, dass etwa im Halbjahresabstand die aufsummierten Einzeltranchen an zusätzlicher Taxos-Nachfrage mit einem Steueraufschlag gegenverrechnet werden.
Der einzige Vorteil scheint in der Eliminierung des Risikos zu bestehen, dass die zum Tag X fällige Steuerverbindlichkeit nicht fristgerecht getilgt wird. Ja und nein. Der Staat sichert nicht nur seine Steuereinnahmen im Ausmaß der Taxos-Emission, während die budgetierten Steuereinnahmen derzeit nicht sicher erzielt werden. Es wird dadurch auch ein psychologisches Stimulans gegeben, das sich positiv auf die zukünftigen Erwartungen (Keynes) auswirkt.
Bei nicht sofortiger Saldierung, also bei erzwungener “Hortung” von Taxos im Gesamtsystem, verlieren sie inflationsbedingt analog zu Bargeld an Kaufkraft/Wert. Ja. Bei einem kontrollierten Umgang mit den Taxos ist allerdings eine erzwungene Hortung nahezu ausgeschlossen.
Diese “Hortung” kann nur auftreten, nachdem alle zeitnahen Steuerschulden bereits per Taxos bezahlt wurden. Ansonsten kehren alle Taxos postwendend zum Emittenten zurück. (Voraussetzung: Taxos fließen problem- und verzögerungslos zu Steuerschuldnern, etwa über einen von Banken etc. geschaffenen Taxos-Markt) 1. Eine Saldierung aller zeitnahen Steuerverbindlichkeiten durch Taxos wäre eine Folge eines unzureichend kontrollierten Umgangs mit den Taxos. Da wir das ausschließen, stellen sich auch diese Fragen nicht. 2. Letztendlich kann und darf es nie mehr an Taxos-Emissionen in einen Zeitraum von vielleicht 2 Jahren geben, als auch über Steuern wieder eingezogen werden.
Die beiden Aussagen widersprechen sich m.E.: Der erste Satz besagt, dass die Taxos-Emission den Betrag der zeitnahen Steuerverbindlichkeiten niemals übersteigen soll. Der zweite Satz scheint aber anzudeuten, die Taxos-Emission könnte das Ausmaß der gesamten Steuerverbindlichkeiten von 2 Jahren erreichen!? Die beiden Aussagen widersprechen sich nicht: Die zeitnahen Steuerverbindlichkeiten sind vorerst nur ein größenordnungsmäßig festgelegtes Präluminare, zu dem nachträglich ein Auf- oder Abschlag zugerechnet wird.
Da Taxos im Unterschied zu Bargeld jedoch nicht in höher rentierende Geldanlagen konvertiert werden können, würde der Taxoshalter einen finanziellen Nachteil erleiden. Ja, vorerst ist davon auszugehen. Da aber jeder Taxos-Empfänger nicht nur Taxos einnimmt, und immer auch über Liquidität verfügen muss, hat er die Wahl, was er wofür verwendet.
In diesem Szenario würden dann Taxos in der Regel nur gegen Abschlag in Zahlung genommen werden. Dieser Abschlag würde einen allfälligen Zinsvorteil des Staates zunichte machen. Nein. Mit den Taxos können ja auf jeden Fall die anfallenden Steuern bezahlt werden, für die andernfalls zu verzinsende Kredite aufgenommen werden müssen.
Unternehmen mit unausgelasteten Ressourcen könnten jedoch im Szenario einer “Hortung” von Taxos dieselben ohne Abschlag in Zahlung nehmen, weil für sie jeder Umsatz besser ist als gar keiner. Da obige Frage verneint wurde, stellt sich diese Frage so nicht. Ein unausgelastetes Unternehmen wird aber noch mit größerer Bestimmtheit auf den Taxos-Auftrag zugreifen.
Keine Vorteile für Unternehmen Vorteile für Unternehmen
Genau das ist das Problem. Solange Unternehmen die Taxos sofort los werden können, entweder zur Tilgung eigener Steuerschulden oder durch Weitergabe an andere Unternehmen mit fälligen Steuerverbindlichkeiten (wobei das entsprechende Verfahren ungeklärt ist), ist alles in Butter. Müssen sie jedoch Taxos “halten”, verringert sich ihre Liquidität, was sie eventuell zu einer höheren Verschuldung in Geld zwingt. Das Problem der Weitergabe nicht benötiger Taxos muss jedenfalls gelöst werden. Zwar können Unternehmen mit Taxos nicht die anfallenden Rückzahlungen von Krediten tätigen, die für die Ausführung von abgeschlossenen Aufträgen aufgenommen wurden, aber sie können damit die weiter laufenden Steuern und Abgaben bezahlen. Das erlaubt ihnen, die Einnahmen in Geld, oder Kredite, anderweitig einzusetzen. Und gilt insbesondere für die meist hochverschuldeten Klein- und Mittelbetriebe.
Schon. Aber wenn der Staat seine Ausgaben qua Kreditschöpfung finanziert, schafft er ja auch die Mittel, die er dann später wieder einfordert. Er nimmt ja niemandem was weg dabei – außer man glaubt, der Staat konkurriere mit dem Privatsektor um “knappes Geld” und treibe die Zinsen in die Höhe.

Wie oben angemerkt, ist die Frage, ob mit Taxos etwas anderes nachgefragt werden kann als mit Geld, zwar interessant, aber eigentlich nicht Gegenstand meines ursprünglichen Textes. Die zentrale Frage, die ich mir darin gestellt habe, ist vielmehr, ob eine Nachfrage per Taxos für den Staat billiger wäre als eine Nachfrage per neugeschöpfte Kredite (oder sonstige Möglichkeiten wie ein derzeit untersagter Zentralbankkredit). Und diesbezüglich halte ich meine Skepsis nach wie vor für berechtigt.

Es ist eine positiv anregende Wirkung auf die Unternehmen zu erwarten, da der Staat von sich aus zentral jene Mittel schafft, die er später dann als Steuer aus einer dispersen Verteilung wieder zentral einfordert. Und nicht ungekehrt: Dass die Wirtschaft erst jene Mittel über Kredite dispers bereitstellen muss, die sie später in anderer Dispersion über Aufträge wieder zurückbekommt, um so die Kredite vielleicht tilgen zu können.
Ich habe das ja auch unter dem Titel “deficit spending & collecting” als ersten Schritt vorgeschlagen. (“Über Keynes hinaus”)
Ich denke aber, dass die Nachfrage mit Taxos zumindest für den Staat nicht teurer ist, aber zudem auch noch andere Vorteile – so wie oben beschrieben – bietet (Regionalisierung, größere Treffsicherheit einer gezielten Nachfrage, mehr zeitlicher Spielraum, größere politische Autonomie durch Schaffung eines eigenständigen Zahlungsmittels, das sich von den “Spieljetons” eines privaten Spiel abgrenzt, in dem vermögende Subjekte gegeneinander spielen. Während die nicht mitspielenden Nichtvermögenden nur Objekt sind, die gegebenenfalls zur Zielerreichnung genutzt werden.

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