Vom Hexenschuss zur (Bio-)Tensegrity

[30.9.2007]
Text in Arbeit!
Was mit ein paar “Hexenschüssen” begann, führte mich über die Biokinematik zur “Tensegrity” – vielleicht ein universelles Bauprinzip der Natur bis hin zum “Bewusstsein”.

externe links

packi-klinik.de
Biokinematik – Wikipedia
Tensegrity – Wikipedia (deutsch, kurz)
Tensegrity – Wikipedia (englisch, weit ausführlicher)
Kenneth Snelson – Website
biotensegrity.com
intensiondesigns.com – Biotensegrity Research
The Ingber Lab (Tensegrity und Zytoskelett)

Stetig wiederkehrende Schmerzen vom Genick abwärts bis in den Lendenbereich, tatsächliche oder drohende Bandscheibenvorfälle, chronische Schmerzen, die nur unter Einnahme von Morphinen in wachsender Dosis auszuhalten sind:
All das gibt es in meinem unmittelbaren Bekanntenkreis. Was kein Wunder ist, denn Rückenleiden sind mittlerweile eine kostspielige “Volkskrankheit” (Google-Suche).

Mich selbst hat es auch schon ein paar Mal erwischt, in Form von “Hexenschüssen”, die meine Bewegungs- und Arbeitsfähigkeit teilweise mehr als eine Woche lang beeinträchtigten. Von wirklich chronischen Schmerzen bin ich aber verschont geblieben, obwohl ich mit meiner fast ausschließlich “sitzenden” Berufstätigkeit (seit 1989) eigentlich prädestiniert dafür wäre. Abgesehen von den erwähnten vorübergehenden Problemen leide ich überhaupt nicht an Rückenschmerzen, und “Kopfweh” kenne ich praktisch nur im metaphorischen Sinne.

Die paar Hexenschüsse waren aber schlimm genug, um mich dazu zu motivieren, auf “eigene Faust”, sprich im Internet, nach Ursachen und Abhilfe zu suchen. Dies nicht nur, weil ich ohnehin dauernd “im Netz” hänge, sondern auch deswegen, weil meine Rückenprobleme die fatale Eigenschaft hatten, in Zeiten hoher Arbeitsbelastung aufzutreten (nona, werden sich da manche denken) und ich gar keine Zeit gehabt hätte, mich zum praktischen Arzt und durch eine lange Reihe medizinischer Untersuchungen zu quälen. Letztere dauern meiner persönlichen Erfahrung nach ohnehin so lange, dass sich mein ursprüngliches Problem bereits vorher “von selbst” erledigt.

Worauf ich dann ziemlich bald stieß, war die Website biokinematik.de, mittlerweile sind die Inhalte teilweise unter packi-klinik.de/biokinematik/ zu finden (zur Frage der Anerkennung dieser Theorie/Therapie siehe den Wikipedia-Link rechts oben). Was dort zu den Ursachen und Therapien von Kreuzschmerzen und Bandscheibenvorfällen ausgeführt wird, leuchtete mir unmittelbar ein: dass meine Schmerzen im Wesentlichen muskuläre Schmerzen waren, Schmerzen verspannter bzw. sich verkrampfender Muskeln. Die Beschreibung des Auftretens der Schmerzen und der Symptomatik des Schmerzverlaufs entsprach zu 100% meiner Erfahrung.

Vorbeugende Ausgleichsübungen für sitzend Arbeitende wie mich gibt es viele. Zwei, die mir geholfen haben, sind auf der Website von Anders-Heilen-Berlin beschrieben, und zwar unter Durchfuehrung der Energiebewegungen Brain – Gym im unteren Drittel der Seite: Erden (Längen des Psoas A bzw. B).

Nun, medizinische Ratgeber gibt es im Web ja zur Genüge. Es geht mir hier eher um die Auffassung des menschlichen Körpers, die den Texten auf biokinematik.de zugrunde liegt – im Wesentlichen die Auffassung, dass das Skelett keineswegs in Analogie zu den tragenden Mauern eines Bauwerks als “Tragegerüst” des Körpers verstanden werden kann. Es sind eher die “weichen” Teile, insbesondere die Muskeln, die das Skelett zusammenhalten; die Knochen, inklusive der Wirbel der Wirbelsäule, sind untereinander nicht starr verbunden, sondern im umgebenden Gewebe eingebettet, scheinen darin zu “schweben”.

Von diesem Punkt aus ist es nicht weit bis zur Auffassung des Körpers als “Tensegrity”-Struktur, wie sie etwa der Orthopäde Stephen Levin vertritt (Website: www.biotensegrity.com).
Das Wort wurde ursprünglich aus der Zusammenziehung von “tension” und “integrity” gebildet. Im Weiteren geht es übrigens nicht um “Tensegrity” im Sinne von Carlos Castaneda (siehe dazu www.castaneda.com).

Tensegrity bezeichnet, in meinen Worten, das Bauprinzip von aus (starren) Druck- und (elastischen) Spannungselementen bestehenden Körpern, die aufgrund der räumlichen Anordnung der Elemente und der spezifischen Druck- und Spannungsvektoren ein in sich stabiles und geschlossenes Ganzes bilden. Die starren Elemente sind nur über Spannungselemente miteinander verbunden; die Stabilität der Struktur hängt von keiner äußeren Kraft wie etwa der Schwerkraft ab, und es handelt sich um Strukturen, die ihre Integrität gegenüber von außen einwirkenden Kräften (“Belastungen”) durch deren gleichzeitige Verteilung auf die Gesamtheit der Struktur aufrecht erhalten können.

Mein Interesse an diesem Bauprinzip verdankt sich in nicht geringem Maße dem ästhetischen Reiz, den die nach diesem Prinzip aufgebauten Gebilde/Skulpturen auf mich ausüben. Zwar stehen fast alle der im Web existierenden Aufnahmen von Tensegrity-Objekten unter Urheberrechtsschutz, ich habe mir aber doch erlaubt, links eine einfache, schematische Tensegrity-Struktur abzubilden. (Sie stammt aus einem Paper von Vladimir F. Tamari, Beautiful Universe: Towards Reconstructing Physics from New First Principles, 10. Juli 2005.)

Man könnte diesen ästhetischen Reiz auch auf die Wirkung eines hypothetischen Prinzips oder Mechanismus zurückführen, wonach strukturell Gleichartiges, sich Entsprechendes (zumindest aber die bewusste oder unbewusste Wahrnehmung einer solchen Gleichartigkeit) eine Art Resonanz und diese wiederum eine Anziehungskraft erzeugen kann. Das Resonanzerleben ist jedenfalls verbreitet und manifestiert sich auch in dem Spruch “gleich und gleich gesellt sich gern”. Die Auffassung “Gegensätze ziehen sich an” steht dazu m.E. nur scheinbar in Widerspruch.

Ich will diesen Gedanken angesichts seiner Verknüpfung mit dem Thema der Alternativen zu konventionellen materiellen Weltanschauungen oder Kosmologien hier nicht unmittelbar weiter verfolgen.

Offenbar ist es aber möglich, nicht nur die menschliche “Makro”-Anatomie (Skelett, Muskeln, Bindegewebe etc.) weitgehend als Tensegrity-Struktur zu modellieren wie bereits erwähnt; auch das sogenannte Zytoskelett (Wikipedia-Link) mit seinen Filamenten und Mikrotubuli, das für die mechanische Stabilität lebender Zellen sorgt, kann als Realisierung des Tensegrity-Prinzips aufgefasst werden. Über entsprechende Forschungsarbeiten kann man sich auf der Website des von Donald E. Ingber geleiteten Ingber Lab der Harvard Medical School näher informieren.

Spekulation: Bewusstsein/Selbst als Tensegrity?

Mein Interesse konzentriert sich derzeit auf die Möglichkeit, dass auch etwas scheinbar “Immaterielles” wie das menschliche Bewusstsein oder “Selbst” (in seiner Gesamtheit – in psychoanalytischer Terminologie etwa die Instanzen “Es”, “Ich” und “Über-Ich” zusammen) als Tensegrity modelliert werden könnte. Diese Vorstellung tauchte plötzlich in meinem Bewusstsein auf, wie eine Eingebung oder Intuition, und führte zu einem ersten rudimentären Modell, in dem “starre” und “flexible” Bewusstseinsinhalte als Druck- und Spannungselemente verstanden werden, die Tensegrity-Gebilde unterschiedlicher interner Spannkraft bzw. inneren Zusammenhalts und externer Widerstandsfähigkeit ergeben würden.

Dabei würde das Universum der möglichen Gefühlszustände die Spannungselemente bereitstellen, während die Gesamtheit dessen, was ich hier nur vorläufig als “gedankliche Vorstellungen” bezeichne, die Druckelemente liefern würde, die als Ansatzpunkte für die Gefühle dienen, als Punkte, zwischen welchen sich die Gefühle “aufspannen” können.

Notwendige Bedingungen wären die prinzipielle Fähigkeit zur dynamischen Selbstorganisation inklusive der Eliminierung alter und der Integration neuer Komponenten sowie das Verständnis des Bewusstseins als sowohl nach außen als auch “innen” offenes System (außen vs. innen = eine m.E. nicht sinnvolle Unterscheidung: Gehören etwa die Bakterien in meinem Darm zur externen oder internen Systemumgebung? Was ist mit der in die Zellkern-DNA integrierten Erbinformation von Retroviren?).

Natürlich kann das Bewusstsein als Gesamtheit – trotz seiner physisch-räumlichen Basis, von der ich ausgehe – nicht im selben Sinn als räumliches Gebilde wie etwa der Körper oder Zellen aufgefasst werden. Dem Bewusstsein kann ein Tensegrity-Aufbau nur unterstellt werden, wenn Bedingungen fallen gelassen werden, die für die Tensegrity-Eigenschaft räumlicher Gebilde gelten, etwa dass sie nur in und auf Basis von Tetraedern, Oktaedern und Ikosaedern realisiert werden kann. Diese “geometrischen” Eigenschaften könnten aber bei den kleinsten “Bausteinen” des Bewusstseins gegeben sein – auf Ebene der Zelle, der Mikrotubuli oder auf molekularer Ebene.

Die Idee ist vielmehr, dass die Unterstellung einer Tensegrity-Struktur eine Beschreibung von Bewusstseinseigenschaften und -vorgängen ermöglicht, durch die entweder neue Zusammenhänge entdeckt oder bekannte Zusammenhänge “plastischer” und damit (in einer visuellen Welt) auch verständlicher dargestellt werden könnten.

Selbst aus einem sehr rudimentären Modell wie oben skizziert folgt bereits Einiges:

  • Die wechselseitige Abhängigkeit bzw. Bedingtheit von Vorstellung und Erleben, von “Sprache” (im konventionellen Sinn und als “Sprache” des Unbewussten, seiner Muster), Wahrnehmung und Erleben (“man sieht/erfährt nur, was man sich vorstellen kann”)
  • die Möglichkeit einer Vielzahl mehr oder weniger “idealer” Konfigurationen mit unterschiedlichen internen Energieniveaus: Je nach Gedankenvorstellungen bzw. nicht-sprachlichen Mustern und ihrer Anordnung zueinander kann die Kraft der Spannungselemente (Gefühle) nur ein bestimmtes Maß erreichen, ohne die Integrität der Struktur als Gesamtheit zu gefährden; kurz: das “Denkbare” determiniert die möglichen Gefühlszustände
  • und vice versa: bestimmte Gefühlszustände mit ihrem spezifischen Energiegehalt bzw. ihrer spezifischen Spannkraft können nur solange bestehen, solange es Gedankenvorstellungen gibt, die als Ansatzpunkte dienen und für die korrespondierenden Gegenkräfte sorgen; kurz: “Gefühlszustände” determinieren das “Denkbare”
  • die Art der Konfiguration determiniert die Widerstandsfähigkeit gegenüber externen “Belastungen”, wobei die Belastung zwingend stets die “starren” und die “flexiblen” Elemente, also “Denken” und “Fühlen” zugleich betreffen würde.
    Eine solche Belastung könnte etwa auch eine Konfrontation mit einer (für das Individuum) radikal neuen Ansicht sein, die sich nur “integrieren” lässt, indem eine vorhandene Konfiguration aus Druck- und Spannungselementen beseitigt oder modifiziert wird.

    Ich nehme nicht an, der erste Mensch auf Erden zu sein, dem diese potenzielle Analogie aufgefallen ist.