Covid-19: Fallsterblichkeit offenbar deutlich gesunken

Laut den letzten verfügbaren Daten der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) lag die Fallsterblichkeit von Covid-19 in der zweiten Februarhälfte bei nur mehr 0,9 Prozent. Seither dürfte sie weiter gesunken sein – bis zur Kalenderwoche 14 (5.4.-11.4.) auf ca. 0,8 Prozent. Am höchsten war sie laut Ages vom 16.3.2020 bis 11.4.2020 mit 4,4 Prozent.

Der signifikante Rückgang der Fallsterblichkeit (CFR) ist der folgenden Grafik zu entnehmen. Sie beruht auf wöchentlichen Fallzahlen und offiziellen Covid-19-Todesfällen seit Anfang Februar. Dabei sind die Summen der Todesfälle einer Woche der Summe der “Infektionszahlen” drei Wochen zuvor zugeordnet. Das entspricht in etwa der Berechnungsmethode von Ages (Beobachtungszeit von 3 Wochen für jeden Fall nach Labordiagnose). Die CFR sank von 1,93 Prozent in Kalenderwoche 4 auf rund 0,8 Prozent in Kalenderwoche 17 (Werte gelten für KW 1 bzw. KW 14). Auch mit vier Wochen Abstand ergibt sich ein ähnliches Bild – ein Rückgang von 1,47 Prozent auf 0,68 Prozent.


Quelle für alle Zahlen im Beitrag: orf.at/corona/daten/oesterreich

Die Fallsterblichkeit (Case Fatality Ratio, CFR) ist das Verhältnis der Zahl der tödlichen Verläufe einer Infektionskrankheit zur Zahl der offiziell registrierten Infektionsfälle. Die Infektionssterblichkeit (Infection Fatality Rate, IFR) entspricht dagegen dem Anteil tödlicher Verläufe an allen “Infektionen”. Sie ist daher stets niedriger als die CFR, und sie beruht zweitens auf Schätzungen der tatsächlichen Verbreitung einer Infektion in der Bevölkerung. Eine IFR ist daher nur so gut oder aussagekräftig wie die Methoden, die zur Abschätzung des “Infektionsgeschehens” verwendet werden. Bei Covid-19 ist zu beachten, dass diese Kennzahlen nach oben verfälscht sind, weil auch Sterbefälle mit anderen Todesursachen als Covid-19 in die Statistik eingehen (gestorben “an oder mit”).

Die Entwicklung lässt sich auf den ersten Blick mit einer Senkung der “Dunkelziffer” aufgrund der starken Erhöhung der Testzahlen erklären (sie haben sich seit Anfang Februar etwa verdoppelt): Je mehr “asymptomatische Fälle” gefunden werden, desto geringer der Anteil der schweren Krankheitsverläufe und in der Folge auch der Todesfälle. (Was nicht dazu passt, ist aber die hohe Belegung der Intensivstationen, siehe weiter unten.)

Ein Rückgang der Fallsterblichkeit war schon zuvor festzustellen. Die vorletzte von Ages dazu veröffentlichte Statistik (etwa um den 20. März, siehe Screenshot folg. Absatz rechts) enthielt außerdem eine Aufschlüsselung der Fallsterblichkeit nach fünf Phasen der Epidemie. Am “tödlichsten” war demnach die Phase II (16.3.2020 bis 11.4.2020) mit einer Fallsterblichkeit von 4,4 Prozent! Für die letzte Phase, die Phase V (ab dem 15. Februar 2021), wurde eine Fallsterblichkeit von nur mehr 0,9 Prozent angegeben – diese Phase dauerte damals aber wohl erst knapp eine Woche lang.

Ages entfernt Sterblichkeitsdaten

Zu der oben dargestellten behelfsmäßigen Berechnung der CFR anhand wöchentlicher Daten sah ich mich übrigens gezwungen, weil Ages aus unbekannten Gründen die Veröffentlichung der Daten zur Fallsterblichkeit eingestellt hat. Die letzte einschlägige Statistik bezog sich auf den Zeitraum bis 8. März 2021. Die Daten, früher regelmäßig aktualisiert auf der Ages-Website (Ages – Coronavirus), sind nun nur mehr in einem Ages-Intranet zu finden (registrierungspflichtig, jira.ages.at). Zitat Ages: “Die Tabelle wird nicht mehr extra auf der Homepage dargestellt, diese Daten finden sie am AGES Dashboard: https://jira.ages.at/browse/ANFRAGE-110571” (siehe Screenshot).

Ich habe Ages nach den Gründen für die Entfernung dieser Sterblichkeitsdaten aus den allgemein zugänglichen Informationen zu SARS-CoV-2 befragt, bisher ohne Antwort. Ehrlich gesagt rechne ich auch nicht mit einer Antwort, denn wie lässt es sich begründen, inmitten einer Pandemie der Öffentlichkeit wesentliche Daten wie die Fallsterblichkeit vorzuenthalten? Dass es bloß daran liegt, dass eine stark rückläufige Fallsterblichkeit nicht mit der erwünschten “Botschaft” der Gesundheitsbehörden in Einklang steht, würden wohl nur böse Zungen unterstellen.

Zur hohen Auslastung der Intensivkapazitäten

Wie immer man auch die Fallsterblichkeit berechnet, die Auseinanderentwicklung von Fallzahlen und Todesfällen während der sogenannten “Dritten Welle” im Osten Österreichs ist offensichtlich. Verblüffend ist allerdings die Auseinanderentwicklung von tödlichen Verlaufen und der Zahl der belegten Intensivbetten (wöchentlicher Durchschnitt), wie in der Grafik unten zu sehen.

Die Zahl der schweren Krankheitsverläufe scheint demnach bei gleichzeitig rückläufiger Sterblichkeit zugenommen zu haben. Die Zahl der im Wochenschnitt belegten Intensivbetten verdoppelte sich von KW 7 auf KW 14, und der Anteil der belegten Covid-19-Intensivbetten an der Gesamtzahl der Covid-19-Betten stieg von 17% in KW 4 auf knapp 30 % in KW 17, den höchsten Wert seit Beginn der Epidemie. Diese schweren Verläufe müssen aber dankenswerterweise “leicht genug” gewesen sein, um nicht zum Tod zu führen – die Sterblichkeit ging ja ständig zurück. Was es auch immer mit der gefürchteten Virusvariante B.1.1.7 auf sich hat, “tödlicher” war sie bisher offenbar nicht.

Dass die Auslastung der Intensivkapazitäten in Ostösterreich während der “Dritten Welle” so stark gestiegen ist, kann aber auch auf andere Faktoren als einen Anstieg der Zahl schwerer Fälle zurückzuführen sein. Auch eine Verlängerung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation kann dahinter stecken. Verdoppelt sie sich, verdoppelt sich nach Adam Riese auch die Gesamtzahl der “Bettentage”, auch ohne Zunahme der Neueinweisungen.

Dass das zumindest eine gewisse Rolle gespielt hat, lässt sich Aussagen von Medizinern entnehmen, etwa in diesem Beitrag: CoV-Patienten werden jünger, orf.at, 22. März 2021. Zitat: “Problem bei der Belegung seien auch die Langzeitfolgen von Covid-19, die eine entsprechende Langzeitbehandlung erfordern.”

Wie stark sich dieser Faktor ausgewirkt hat, lässt sich leider nicht feststellen. Der Grund dafür ist das Fehlen wesentlicher Informationen zur Situation in den Krankenhäusern. Gemeldet wird im Wesentlichen lediglich die Zahl der belegten Betten, nicht aber die Zahl der Neueinweisungen oder Verlegungen auf Intensivstationen und auch nicht die durchschnittliche Aufenthaltsdauer. Die Öffentlichkeit weiß übrigens auch nicht, ob die Menschen auf Intensivbetten wegen einer Covid-19-Erkrankung dort liegen oder nur wegen eines positiven PCR-Tests dorthin verlegt wurden.

Zweifellos führen aber Berichte über die steigende Auslastung der Intensivkapazitäten notwendigerweise in der Öffentlichkeit zum Eindruck, es gäbe eine stark steigende Zahl von Neuzugängen auf den Intensivstationen, obwohl das nicht unbedingt der Fall sein muss. Damit wird der Epidemieverlauf quasi automatisch dramatisiert – und das ist mit Sicherheit auch ein erwünschter Effekt.

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