zweischneidiges schwert

[14.3.2004]

Die Geldschöpfung, ob durch den Staat, die Banken oder andere Teile des Finanzsystems, ist und war stets ein zweischneidiges Schwert.

Einerseits kann man per Geldschöpfung eine Wirtschaft vor einer Deflation retten (die Preise von Waren und Dienstleistungen sinken, weil zuwenig Geld ausgegeben wird) und für rascheres Wirtschaftswachstum sorgen, indem mehr Kredit bereitgestellt wird. Andererseits, sofern Regierungen oder das Finanzsystem damit Unfug treiben, kann man u.U. eine galoppierende Inflation auf Waren- und Dienstleistungsmärkten (immer mehr Geld jagt mit zunehmender Umlaufgeschwindigkeit ein Angebot von Waren und Dienstleistungen, das mit der durch rasch steigende Preise angekurbelten Nachfrage nicht Schritt hält), aber auch Vermögensmärkten herbeiführen (Aktien- oder Immobilienspekulation).

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob Schuldner bei einer Deflation verlieren und von einer Inflation profitieren würden; für die Kreditgeber gilt Gegenteiliges. Verschuldete Regierungen haben daher einen Anreiz, einfach Geld zu drucken oder auf andere Weise die Geldmenge auszuweiten, um ihre Schulden “weg zu inflationieren”. Letzten Endes würden aber beide Seiten verlieren: Können Schuldner ihre Schulden nicht bezahlen, müssen die Kreditgeber auf ihre Forderungen verzichten, und wenn die Forderungen der Kreditgeber durch die Inflation täglich an Wert verlieren, drehen sie vielleicht den Kredithahn überhaupt zu – ein ernste wirtschaftliche Krise wäre in jedem Fall die Folge.

Daher ist es heute den meisten Notenbanken untersagt, Regierungsausgaben direkt zu finanzieren, etwa durch Betätigung der Notenpresse, und die Geld-/Kreditschöpfung durch die Banken wird durch Mindestreservesätze und Bestimmungen über eine angemessene Kapitalausstattung beschränkt.

Der vorgeschriebene Mindestreservesatz ist ein Prozentsatz bestimmter Verbindlichkeiten der Banken, den sie in Bargeld auf einem Konto bei der Zentralbank zinslos deponieren müssen; angemessene Kapitalausstattung wiederum bedeutet, dass das Eigenkapital der Banken einen bestimmten Prozentanteil ihrer ausstehenden Forderungen nicht unterschreiten darf.

Umgehung der Eigenkapitalschranke

Banken können die Kreditexpansion durch “Verbriefung” von Kreditforderungen weitertreiben, wie das folgende Beispiel zeigt:

IKB verbrieft Mittelstandskredite über 1,8 Mrd EUR

Donnerstag 15. Dezember 2005, 13:33 Uhr
DÜSSELDORF (Dow Jones)– Die IKB Deutsche Industriebank AG, Düsseldorf, hat mit der KfW Bankengruppe eine Verbriefungstransaktion über 1,8 Mrd EUR abgeschlossen. Das verbriefte Kreditportfolio bestehe aus 879 Darlehen, die die IKB an insgesamt 631 Mittelständler vergeben habe, teilte das Institut am Donnerstag mit. Ihre Laufzeit betrage bis zu 7 Jahre, die Kreditobergrenze liege bei 13 Mio EUR. Die Deutsche Bank habe die Transaktion arrangiert und platziert.

Bei der Verbriefung übernimmt die KfW das Ausfallrisiko von der IKB. Dieses Risiko wird dann gleichzeitig am internationalen Kapitalmarkt platziert. Damit entlastet die IKB ihr Eigenkapital und verschafft sich Raum für neues Kreditgeschäft mit dem Mittelstand.

Sofern diese “Bremsen” eine inflationäre Ausweitung der Geldmenge nicht effektiv verhindern (Umgehungsmöglichkeiten existieren etwa durch die Umwandlung von Kreditforderungen in handelbare Wertpapiere – “Verbriefung”, siehe Beispiel im Kasten; außerdem gibt es Kredit- bzw. Geldschöpfungsmöglichkeiten außerhalb des regulierten Bankensystems), kann die Notenbank natürlich z.B. die Realzinsen erhöhen (d.h. Zinssatz nach Abzug der Inflation), um die Kreditschöpfung bzw. Verschuldung unattraktiv zu machen. Aber Notenbanken werden davor vielleicht zurückschrecken, weil sie damit riskieren könnten, eine wacklige, bereits hochverschuldete Wirtschaft in eine tiefe Rezession zu treiben.

Nächster Teil: Überschießende Geldschöpfung, Blasenökonomie und bubble trouble.